Klein, aber fein, das ist die Fraktion Mutten mit den drei Unterfraktionen Untermutten, Stafel und Obermutten. Der idyllische Ort hoch über der Viamala- und der Schynschlucht ist ideal für erholsame Ferien mitten in der Natur, abseits vom Rummel und bietet einen optimalen Ausgangspunkt für Schneeschuh- und Skitouren, Wanderungen und Biketouren. Unter anderem führt die 6. Etappe des Walserwegs Graubünden von Thusis nach Obermutten.
Geschichte
Über die Besiedlungsgeschichte von Mutten weiss man wenig. Es gibt vor allem ungesicherte Herleitungen. Aufgrund von Dokumenten und der Ahnenforschung kann davon ausgegangen werden, dass sich im 14. Jahrhundert Walser am Berg niederliessen. Bis ins 16. Jahrhundert hatten die Muttner keine eigene Kirche und mussten in einem stündigen Fussmarsch nach Stürvis für den Gottesdienst. Das Verhältnis zwischen Stürvis und Mutten war nicht immer ungetrübt. Als sich viele deutschsprachige Orte in der näheren Umgebung, aber auch das romanische Schams zu reformieren begannen, sagten sich die Muttner von Stürvis los und erbauten eine eigene Kirche. Die Muttner Kirche wurde 1584 fertig gebaut.
«An einem der einsamsten Flecken Deutschbündens liegt Mutten», so schrieb 1946 der deutsche Sprach- und Walserforscher Rudolf Hotzenköcherle.
Die Muttner waren tatsächlich sehr lange Zeit sehr abgeschieden. Erstens wegen der erst 1869 erbauten Strasse, die nicht nur im Winter fast unbezwingbar war, sondern auch im Sommer durch die 36 Kurven und 15 bis 20 Prozent Steigung jedes Mal ein Abenteuer gewesen sein muss. In den letzten Jahren wurden diese Verhältnisse mit dem Bau einer neuen Verbindungsstrasse entscheidend verbessert. Zweitens war Mutten als deutschsprachige Gemeinde eine Insel in dieser Gegend. Als Enklave war sie rundum lange nur von Romanisch sprechenden Dörfern umgeben. Das ist heute nicht mehr der Fall, da das Romanisch immer weniger gesprochen wird, da viele der romanisch sprechenden Orte heute Deutsch sprechen.
Ob Mutten von Romanen besiedelt war, bevor die Walser sich hier häuslich niederliessen, ist nicht eindeutig nachgewiesen.
Im Jahre 1946 wurden die nahe zusammen stehenden Häuser bei einem Föhnsturm ein Raub der Flammen. Zum Glück konnte man mit Hilfe von Spenden diese Gebäude wieder errichten und somit den ursprünglichen Charakter mehr oder weniger bewahren. Die Einheimischen sind heute zum grössten Teil Pendler, die in den Nachbardörfern einer Arbeit nachgehen können, ohne ihre Heimat zu verlassen.
Die Walser
Die Besiedlung
Vor etwa 1’000 Jahren erreichten die Alemannen auf ihrer Wanderung vom Berner Oberland her das Goms im Wallis und besiedelten nach und nach das obere Rhonetal. Um das 13. Jahrhundert bis 14. Jahrhundert begannen einzelne Gruppen von Wallisern oder eben Walsern, das Rhonetal zu verlassen; sie zogen in alle Himmelsrichtungen, vor allem aber nach Osten. In Graubünden zum Beispiel ins Rheinwald (Sufers, Splügen, Nufenen, Hinterrhein), ins Avers, nach Obersaxen, Vals, St. Martin, Safiental (Safien und Tenna), Valendas, Versam, Tschappina und auch nach Mutten, um einige zu nennen.
Freie Walser
Eine Ursache für die mittelalterlichen Walserwanderungen war der wachsende Bevölkerungsdruck und die Suche nach neuen landwirtschaftlichen Anbauflächen. Die Siedler liessen sich in den höchst gelegenen Alpenregionen nieder, die bisher nicht ganzjährig bewohnt waren. Die Walser entwickelten Techniken, die auch das Bewirtschaften von hoch gelegenen Bergregionen ermöglichten. Die Herrscher der betreffenden Gebiete förderten diese Besiedlung durch besondere Rechte. Somit bot die Neuerschliessung von Land den Walsern die Möglichkeit zur Befreiung aus der feudalen Leibeigenschaft. Sie durften das gerodete Land weitervererben, hatten ein Recht auf Selbstverwaltung und Heirat. Die Walser wurden wegen ihrer eigenen Rechtsverfassungen auch «freie Walser» genannt.
Sprache
Innerhalb der Bündner Walserdialekte lassen sich zwei Hauptgruppen unterscheiden: eine „Rheinwalder Gruppe“ und eine „Davoser Gruppe“. Das Rheinwald und die Landschaft Davos sind als „Stammkolonien“ für die angrenzenden Walsergebiete zu sehen, deren Mundarten ihnen ähnlich sind. Als Spezialfall gilt die Mundart von Obersaxen mit den Tochterkolonien Valendas und Versam: Diese Dialekte sind – besonders aufgrund der Entrundung ü > i, ö > e – dem heutigen Walliserdeutschen am ähnlichsten. Man nimmt deshalb an, dass diese Gebiete direkt vom Wallis aus (über Furka und Oberalp) besiedelt wurden.
Der Walserdialekt von Mutten war für die Sprachwissenschaft von besonderem Interesse, da man ihm keiner der Hauptgruppen zuordnen konnte. Die umfassende Habilitationsschrift von Rudolf Hotzenköcherle aus dem 1934 lieferte dazu auch keine abschliessende Erkenntnis. Immerhin dokumentierte sie die mittlerweile beinahe verschwundene Mundart mit all ihren Besonderheiten, wozu etwa auch die oben erwähnte Endrundung ü > i (ünschä (unser) > inscha), ö > e (Löffel > Leffel) gehören, aber auch die sonst in Walserdialekten unübliche Dehnung in offener Silbe (z.B. Waaga, Laada, Booda).
Natur
Landwirtschaft
In Mutten gibt es 6 Bauernbetriebe mit Grossvieh. Diese Bio-Betriebe haben sich auf Milchwirtschaft oder Mutterkuhhaltung spezialisiert. In Obermutten befindet sich zudem der einzige Bauernhof mit Kleinviehhaltung. Die Weiden erstrecken sich zwischen Mutten, Stafel und Obermutten von rund 1400-1900 m ü. M..
Im Sommer weiden die Milchkühe auf der Muttner Alp (2126 m). Dort wird auch der würzige Muttner Alpkäse hergestellt. Dieser kann im inscha Laada im Kulturtenn Obermutten in Portionen oder während der Alpzeit direkt auf der Muttner Alp gekauft werden.
Paradieslilien
Die artenreichen Bergwiesen von Obermutten zählen zu den bedeutendsten Paradieslilien-Standorten im Kanton Graubünden. Pro Natura konnte 2009 rund 25 ha dieser Bergwiesen erwerben und kümmert sich seither mit einem Landwirt um deren Pflege.
Ende Juni/Anfang Juli blühen in den Muttner Bergen die weißen Paradieslilien (auch Trichterlilien genannt). Diese seltene und potenziell gefährdete Lilie (Rote Liste: Status potenziell gefährdet) kommt hier noch in großen Beständen vor.
Partnergemeinde Riehen
Riehen unterstützte Mutten als Partnergemeinde seit dem Jahre 1959 mit regelmässigen Beiträgen. Grössere Beiträge in den letzten Jahrzehnten betrafen die Übernahme der Kosten der Primarschule in den Jahren 1984 bis 1987, den Beitrag an die Sanierung der Muttener Alp im Jahre 1989, Beiträge an eine Bauzonenerschliessung und Beiträge an die Gesamtmelioration. Oder auch Beiträge an das neue Kulturtenn in Obermutten, das im Sommer 2014 eröffnet wurde.
Fusion
Die Initiative für einen Gemeindezusammenschluss ging ursprünglich von der Gemeinde Mutten aus. An verschiedenen Gemeindeversammlungen wurde das Thema diskutiert. Die Stimmbürger kamen im Jahr 2013 zum Schluss, dass die Gemeinde Mutten sich den Herausforderungen der Zukunft aktiv stellen und die dafür angemessenen Strukturen entwickeln solle. Die Stimmbürger erteilten dem Gemeindevorstand daher den Auftrag, bei allen möglichen Fusionspartnern der Region deren Interesse an einem Gemeindezusammenschluss auszuloten.
Seitens Mutten war man klar der Ansicht, dass die Gemeinde möglichst bald mit einem starken Partner fusionieren sollte, um die zukünftigen Herausforderungen meistern zu können. Auch Thusis war der Meinung, dass am mittel- bis langfristigen Ziel einer starken Gemeinde in der Region festgehalten werden soll. Weil abgesehen von Thusis keine direkt angrenzende Gemeinde Handlungsbedarf für eine Fusion sah, entschieden die zuständigen Instanzen der Gemeinden Mutten und Thusis das Projekt für den Zusammenschluss beider Gemeinden in Angriff zu nehmen. Speziell ist die Situation, dass die beiden Gemeinden keine gemeinsame Grenzen haben. Zwischen der Gemeinde Mutten und Thusis liegt die Gemeinde Sils im Domleschg. Die Regierung des Kantons Graubünden sah dies aber nicht als Hindernis an. Beide Gemeinden liegen im Förderraum der Region Viamala Nord. Sie anerkannte die Bemühungen der Gemeinde Mutten, sich einer grösseren Gemeinde der Umgebung anschliessen zu wollen. So war für sie der fehlende Grenzverlauf nicht entscheidend.
Wappen der Gemeinde Mutten
Durch die Fusion wurde das Wappen der Gemeinde Thusis übernommen.